Mobilität fördern und Europa grenzenlos er-fahrbar machen: Die europäische PKW-Maut
In den meisten Ländern Europas hat sich die PKW-Maut als ein wichtiger Pfeiler der Infrastrukturfinanzierung etabliert. Da sich die Gebührensysteme jedoch stark voneinander unterscheiden, fällt die Orientierung im europäischen „Maut-Dschungel“ mitunter schwer. So ist nicht nur zwischen der streckenbezogenen Abgabe und der pauschalen Erhebung in Form einer Vignette oder Sondermaut für die Nutzung von Brücken, Tunnel oder auch Innenstadtbereichen zu unterscheiden, sondern auch die Fahrzeugkategorien zur Bestimmung der Mautsätze sind je nach Land unterschiedlich definiert.
Für den Autofahrer stellen die verschiedenen Mautsysteme eine „Belastung und ein Mobilitätshindernis“ (EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc, 01/2015)[1] dar, die dem reibungslosen grenzüberschreitenden PKW-Verkehr in Europa entgegenstehen.
Der Verbund Europäischer Automobilclubs (EAC) begrüßt daher ausdrücklich das Vorhaben der Europäischen Kommission, mittelfristig einheitliche Kriterien zur Erhebung der PKW-Maut in Europa einzuführen. Ein gemeinsames europäisches Mautsystem für PKW kann die Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten fördern und Grundlage für eine transparente Finanzierung und effektive Nutzung unserer Infrastruktur sein.
Voraussetzung für die Einführung gemeinsamer europäischer Kriterien für eine PKW-Maut ist jedoch, dass im Rahmen der Nutzerfinanzierung das Verursacherprinzip Anwendung findet. So müssen LKW, die die Infrastruktur 60.000 Mal mehr belasten als ein PKW, deutlich stärker zur Finanzierung der Verkehrswege herangezogen werden. Unter diesem Gesichtspunkt kann es keine Einführung einer PKW-Maut geben, während zeitgleich die LKW-Mautsätze gesenkt werden.
Grundsätzlich gilt:
1. Die Entscheidung über den Maßnahmen-Mix zur Infrastrukturfinanzierung muss bei den Mitgliedstaaten verbleiben, so dass eine verpflichtende Einführung von Straßennutzungsgebühren für PKW abzulehnen ist. Wird eine PKW-Maut implementiert, so muss diese gemeinsamen europäischen Kriterien genügen und u.a. dem Verursacherprinzip Rechnung tragen, um eine Belastung des Personenverkehrs zugunsten einer Entlastung des Güterverkehrs auszuschließen.
Prinzipiell müssen die Kriterien für ein einheitliches europäisches Mautsystem so einfach, transparent und sicher wie nur möglich gestaltet sein. Dabei kommt angesichts von mehr als 750 Millionen Personenkraftwagen in Europa insbesondere dem Sicherheitsaspekt eine hohe Bedeutung zu, da die damit einhergehende Anzahl von (Fahrzeug-)Daten Begehrlichkeiten und die Frage weckt, ob ein elektronisches Mautsystem mit entsprechender Datenerfassung die dauerhafte Sicherheit der Fahrzeuginformationen gewährleisten kann. Da die Mauterhebung nicht als Einfallstor für den Missbrauch von Fahrzeug- und Bewegungsdaten dienen darf, spricht sich der EAC für eine Vignettenlösung aus, die sich als einfache, kostengünstige und datenschutzfreundliche Alternative bewährt hat.
Im Anwendungsbereich von Autobahnen und Bundesstraßen bei gleichzeitiger Staffelung in verschiedene Tarife schont sie neben dem Autofahrer, der sein Fahrzeug wenig oder vorrangig lokal bewegt, auch den Berufspendler oder Bewohner ländlicher Räume, der auf die tägliche Autofahrt angewiesen ist. Dabei wird im Rahmen einer zweisäuligen Finanzierungsstruktur, die neben der Vignette als Instrument der Basisfinanzierung auch die Einnahmen aus der Mineralölsteuer[1] einbezieht, das Verursacherprinzip eindeutig gewahrt. So werden Personen mit einem höheren Fahraufkommen und entsprechend höheren Steueraufwendungen verhältnismäßig stärker zur Finanzierung der Straßeninfrastruktur herangezogen.
2. Die Vignette ist nicht nur kostengünstig und flexibel, sondern vor allem wegen ihrer immanenten Datensparsamkeit einem elektronischen Mautsystem vorzuziehen – die Gefahr des „gläsernen Autofahrers“ ist in jedem Falle zu vermeiden.
Nicht zuletzt muss eine einheitliche europäische PKW-Maut dem Anspruch der Transparenz genügen, was im Rahmen ihrer Erhebung als Straßennutzungsgebühr die Zweckgebundenheit der Mittel umfasst. Der zahlende Autofahrer muss sicher sein können, dass die von ihm entrichteten Mautgebühren konsequent und dauerhaft für die Infrastruktur bereitstehen, ohne dass diese Einnahmen durch sachfremde Verwendung gemindert oder anderweitige Mittelabflüsse gekürzt werden.
3. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zur Einführung einer PKW-Maut nach einheitlichen Kriterien, müssen die Erlöse an ihn zurück und zudem verpflichtend in die nationale Verkehrsinfrastruktur fließen.
Dabei kann ein optimaler Mitteleinsatz nur erzielt werden, wenn die Einnahmen überjährig verfügbar und idealerweise aus dem Haushalt ausgelagert sind.
Fazit
Europaweit einheitliche Kriterien zur Einführung einer PKW-Maut sind längst überfällig, um den Autoverkehr zwischen den Mitgliedstaaten transparenter, reibungsloser und damit auch kostengünstiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Hierzu bedarf es gesetzlicher Regelungen, die neben der Schaffung eindeutiger Rahmenbedingungen auch Freiräume für die die Mitgliedstaaten vorsehen, nach denen über die Grundsatzfrage nach einer Einführung national entschieden werden muss.
Das Erhebungsverfahren selbst muss hingegen einheitlich definiert sein, wobei die Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit des Mautsystems die wichtigsten Kriterien darstellen. Der Verbund Europäischer Automobilclubs spricht sich daher für die Einführung einer europaweit einheitlichen und zweckgebundenen Vignettenlösung aus, die als datenschutzrechtlich unbedenkliches Instrument einen kostengünstigen und leicht zu implementierenden Ansatz bietet, um die Mobilität im europäischen PKW-Verkehr zu fördern.
[1] Schiltz, Christoph B.: Die Euro Maut droht, in: Welt am Sonntag, Nr. 4 vom 25.01.2015, S. 7.
[2] Für die Mineralölsteuer sind europaweit Mindestsätze festgelegt, vgl. Richtlinie 2003/96/EG.
Stand: September 2015.