Noch im Dezember letzten Jahres hat die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC eine „Schnappschuss-Studie“ veröffentlicht, welche mithilfe einer Umfrage in elf europäischen Ländern (11.273 Verbraucher) die Mobilitätsgewohnheiten vor COVID-19 mit denen im Oktober 2020 vergleicht. Die Studie zeigt, dass die Menschen in den Ländern erwarten, dass sie nach der Pandemie individuelle Transportmittel (Fahrrad, Auto) und mehr lokale Reisen bevorzugen.
Eine Veränderung der Mobilitätsgewohnheiten ist am stärksten bei den öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeprägt, wo ein deutlicher Rückgang (10 Prozentpunkte) bei der wöchentlichen Nutzung zu verzeichnen ist. Öffentliche Verkehrsmittel (68 Prozent) und Fernbusse/Busbahnhöfe (67 Prozent) erzielen die höchsten Werte bei der Verunsicherung hinsichtlich der COVID-19-Kontamination. Es folgen Züge/Bahnhöfe und Flüge/Flughäfen (jeweils 61 Prozent).
Auch zwei kürzlich veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung Capgemini zeigen diesen Trend hin zur Individualmobilität. Laut einer Umfrage von ebenfalls knapp 11.000 Verbrauchern bevorzugen 87 Prozent der Verbraucher weltweit die Nutzung eines privaten Fahrzeugs, um sicher unterwegs zu sein. Zu Beginn der Pandemie waren es noch 57 Prozent. Im direkten Vergleich mit öffentlichen Alternativen antworteten zudem rund 78 Prozent der Befragten, dass sie ihr eigenes Fahrzeug den öffentlichen Verkehrsmitteln vorziehen. 72
Prozent gaben an, dass sie es mehr als vor der Pandemie schätzen, jederzeit auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen zu können. Dies spiegelt sich auch in den Autokäufen wider. Seit April stieg in Deutschland der Anteil der Befragten, die in den nächsten 12 Monaten ein eigenes Auto kaufen möchten von 35 auf 46 Prozent.
Der öffentliche Nah- und Fernverkehr wurde im Zuge der Pandemie vielerorts reduziert und ausgesetzt, zudem gilt er durch die zwangsläufig höhere Personendichte als riskant. „Was bleibt, ist der Individualverkehr, also der Rückgriff auf das Auto, Motorrad, Fahrrad oder Zu-Fuß-Gehen.“, stellte EAC Präsident Bernd Opolka im April eindeutig fest und betonte, „Individualmobilität ist heute mehr denn je unverzichtbar. Für die zwingend notwendige Mobilität, wie etwa für den Weg zur Arbeit, zum Einkauf oder Arztbesuch, gibt es oftmals für das eigene Auto keine Alternative, die gleichermaßen geeignet und zweckdienlich ist. Man ist allein unterwegs und kann die relativ überschaubare Ansteckungsgefahr, wie etwa beim Laden oder Tanken, durch die Einhaltung der bekannten Hygienevorschriften auf das Minimum senken.“
Es bleibt allerdings abzuwarten, inwiefern dieser Trend sich nach der Pandemie fortsetzt.
Dass der Individualverkehr eine signifikante Rolle einnimmt, steht außer Frage. Allerdings wird die Zukunft des privaten Autos auch von der Geschwindigkeit der Einführung alternativer Antriebe abhängen, denn Klimaziele und Individualverkehr sind nur vereinbar, wenn Verbrennungsmotoren mittelfristig verschwinden. Gerade in urbanen Regionen muss zudem der öffentliche Nahverkehr stärker denn je forciert werden. Intermodalität ist unabdingbar in schon heute völlig überlasteten und verschmutzen Innenstädten.
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